Igor Strawinsky

1882 - 1971

«Igor Strawinski ist der Geist unseres Jahrhunderts. Jeder von uns, der über die musikalische Unschuld hinaus ist, hat seit seiner Jugend seinen Namen gehört. Jeder von uns stand, auf die eine oder andere Weise, unter seinem Bann. Jeder bis jetzt hat ihn akzeptiert als den scharfsinnigsten Handwerker, den die Musik jemals besaß, und als den offensichtlich größten lebenden Komponisten des 20. Jahrhunderts.»

Dieses Lob aus dem Mund des russischen Komponisten Nikolas Nabokow wiegt umso mehr, als es noch keinem Russen zuvor gelungen war, eine derartige Popularität zu erringen. Strawinski der Weltbürger, der seiner Heimat den Rücken kehrte, um fortan in der Schweiz, in Frankreich und in den USA zu leben: Für ihn war «Rußland bloß ein Land, dessen Volk eine Sprache spricht, der er sich vorzüglich und gewandt wie ein Feinschmecker bedient, das einige großartige Bücher, das Glinka und Tschaikowsky besaß» (Nabokow). Strawinski der Unbequeme, der 1913 in Paris mit seinem «Sacre du Printemps» einen Skandal heraufbeschwor, der den Westen in zwei Lager teilte – in fanatische Befürworter und Gegner –, und an dem seit diesem Augenblick keiner vorbeizugehen vermochte.

Letztlich auch Strawinski der Revolutionär und zugleich Neuerer und Bewahrer, der - so Nabokow - «in den frühen 20ern aufhörte, russische Folklore als Basis seiner Themen zu verwenden und sich stattdessen der westlichen Tradition zuwandte, um Musik zu schreiben, die in Stil und Geist der Epoche des Barock verwandt war. Zahlreiche Menschen waren so tief geschockt durch dieses neue Monster - teils Jazz, teils Bach, teils ‹moderner Mensch›, teils gepuderte Perücke - dass ihnen intensiv und dauerhaft das Herz blutete: über den Verlust des ‹Russischen Strawinski› (des Strawinski des «Feuervogels»), über den Horror dieser perversen Neuerung, die aus Ermangelung eines besseren Terminus (oder wegen fehlender Phantasie) ‹Neoklassizismus› getauft wurde.» Revolutionär war Strawinski freilich nur in den Augen mancher Konservativer; er selbst hasste diesen Ausdruck in Bezug auf Musik, weil er, wie er meinte, die Vereinnahmung eines geordneten Systems durch Gewalt und Unordnung besagte - und Musik wäre niemals ohne Ordnung. Strawinski verfolgte seinen kompositorischen Weg entgegen allen Kritiken - die übrigens auch aus den Reihen seiner eigenen Freunde kamen - mit bewundernswerter Konsequenz. In den späteren Jahren verfeinerte er seine musikalische Sprache immer mehr im Hinblick auf melodische Linien, Rhythmus, Farbgebung und Harmonik. Stets aber blieb sie der inneren Ordnung verpflichtet, den absoluten Konstruktionsprinzipien, wie sie auch der Musik des Barock und der Klassik zugrundeliegen. (Quelle: Archiv des Wiener Konzerthauses)

Stücke

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