Als der Taugenichts, aus dessen Leben Eichendorff berichtet, von Rom kommend, seine Heimat erblickt, hört er hinter sich „im Walde eine prächtige Musik von Blasinstrumenten“. Es sind Prager Studenten auf der Wanderung zu ihrem Studienort. Nicht zufällig sind sie aus Prag, denn Böhmen/Mähren war ein ausgeprägt musikantisches Land. Es gab dort im 18. Jahrhundert so viele Musiker, dass eine große Anzahl emigrieren musste und die berühmten Musikzentren Wien, Mannheim, Paris befruchtete. Die Ausgewanderten pflegten aber dort nicht ihre tschechische Musik, sondern waren erfolgreich im Stil der Musik, die sie vorfanden. Die Entdeckung und Förderung einer nationalen tschechischen Musik geschah hundert Jahre später unter schwierigen Umständen, denn Böhmen/Mähren wurde von einer deutsch-sprachigen Mittel- und Oberschicht beherrscht und das Tschechische konnte sich nur mühsam durchsetzen. Smetana gehörte zu den ersten, die sich für ein tschechisches Nationalgefühl und eine tschechische Kultur einsetzten. Dazu musste er aber noch als Erwachsener die tschechische Sprache erlernen. Ein äußeres Zeichen seiner Hinwendung zum Nationalen: Er änderte seinen Vornamen ‚Friedrich‘ um in die tschechische Namensform ‚Bedřich‘.
Auch Dvořák erfuhr diese Spannungen zwischen Habsburgisch-Deutsch und Tschechisch, die mit der Gründung der Tschechoslowakei 1918 ein vorläufiges Ende fanden. Dvořák, der fest im Tschechischen verwurzelt war, musste als Jugendlicher Deutsch lernen, um sich durchsetzen zu können. Zwar war der Begriff ‚Böhmen‘ von beiden Volksgruppen als Bezeichnung für ihre Heimat akzeptiert, und manche nannten die Suite op. 39 ‚Böhmische Suite‘, aber für Dvořák hieß sie ‚Tschechische Suite‘, denn wie in seinen ein Jahr zuvor entstandenen ‚Slawischen Tänzen‘ (1878) hatte er sich von den Volkstänzen seiner Heimat anregen lassen. Der dritte der drei großen tschechischen Komponisten schließlich, Leoš Janáček, dachte und fühlte im Verlauf seines Lebens so fundamental-national, dass seine Haltung fast hysterisch wirkte und zur Belastung für seine Umwelt wurde.
‚Suite‘ bedeutet in der Musik eine Folge von stilisierten Tanzsätzen. In der Barockzeit wurde die Suite von einem festlichen Präludium (Ouvertüre) eingeleitet. Dvořák übernimmt zwar die Bezeichnung, ändert aber ihre Funktion: bei ihm ist das Präludium nicht festlicher Auftakt, sondern „eine zauberhafte Idylle und damit gleichsam eine gedachte Bühne für die anschließende Tanzfolge“. Dem einfachen Leben in der Idylle entspricht die Art, wie eine einzige Melodie über Bordun-Quinten, die an den Dudelsack erinnern,von den verschiedenen Instrumenten immer wieder aufgegriffen wird bis hin zu den in ihrer Schlichtheit wunderschönen Schlussakkorden.
In der dreiteiligen Polka (A B A) veredelt Dvořák die Musik, die er als Junge auf den Tanzböden spielte – daher wohl die Tempobezeichnung ‚Allegretto grazioso‘.
Am Menuett wird schon durch die Satzbezeichnung deutlich, wie Dvořák die tschechische Folklore seiner Heimat mit westeuropäischen Traditionen verbindet: Das Menuett ist fester Bestandteil der barocken Suite, die Sousedska ein böhmischer Volkstanz, der dem Ländler ähnelt, also eigentlich wenig mit einem Menuett zu tun hat. Die Eleganz und die kunstvolle Bearbeitung, mit der die durch zwei aufwärtsspringende Sechzehntel auf der ersten Taktzeit und dem Akzent auf der zweiten charakterisierte Tanzmelodie präsentiert wird, sind wiederum weit von der Art eines böhmischen Volkstanzes entfernt.
Am weitesten entfernt sich die Romanze von den Baugesetzen der Suite und von dem Idiom des Volkstümlichen. Das Liebliche, Schwelgerische zeigt auf, dass Dvořák in seinem Innersten das ist, worauf die Satzbezeichnung ‚Romanze‘ und die Zeit, in der er lebt, verweisen, nämlich ein Vertreter der Romantik.
Der Furiant (tschech. „der Begeisternde“, von lat. furians, „begeisternd, rasend“) ist ein schneller böhmischer Volkstanz im Dreivierteltakt mit Akzentverschiebungen. Nicht nur als Tanz ist der Fünfte Satz der Suite begeisternd, auch die kompositorische Gestaltung ist hinreißend. Eine aufwärtssteigende Melodie wird in einem ersten Teil mit Hilfe auch der „Satztechniken großer symphonischer Vorbilder“ aufs schönste in ständig wechselnden Farben vorgeführt. Farbig und satztechnisch ähnlich eindrucksvoll bis hin zu kontrapunktischen Verschlingungen steigert sich der Mittelteil, wenn auch sein Thema nicht aufwärts steigt, sondern eher in sich ruht:
Im dritten Teil erfreut dann wieder der mitreißende Aufwärtsschwung