Streichquintett C-Dur, D 956, op. post. 163

Franz Schubert
1828
Dauer: 58'
1. Allegro ma non troppo
2. Adagio
3. Scherzo. Presto – Trio. Andante sostenuto
4. Allegretto – più allegro – più presto

Sein Streichquintett C-Dur, komponierte Franz Schubert im Jahr 1828, also wenige Monate vor seinem Tod. Da Werk ist ein resignierter Abgesang auf die Jugend: „Freylich ist’s nicht mehr jene glückliche Zeit, in der uns jeder Gegenstand mit einer jugendlichen Glorie umgeben scheint, sondern jenes fatale Erkennen der miserablen Wirklichkeit, die ich mir durch meine Phantasie (Gott sey’s gedankt) so viel als möglich zu verschönern suche.“ Diese Zeilen an seinen Bruder Ferdinand von 1824 zeigen das gebrochene Weltverständnis des Komponisten, das er in seinen Briefen und Gedichten zum Ausdruck brachte. Die Pole, zwischen denen sie schwanken – die Illusion ersehnten Glücks und das „fatale Erkennen der miserablen Wirklichkeit“ – bestimmen auch das Streichquintett.

Zu Beginn des ersten Satzes und im Adagio scheint das Zeitgefühl aufgehoben. Es ist durch endlos gedehnte melodische Bögen außer Kraft gesetzt. Melodien, die kein Ende finden können, scheinen die Schönheit des Lebens wieder und wieder besingen zu wollen und offenbaren gerade dadurch den Schmerz des Abschieds. „Tiefer Sehnsucht heilges Bangen / Will in schönre Welten langen. / Möchte füllen dunklen Raum / Mit allmächtgem Liebestraum.“ (aus Schuberts Gedicht Mein Gebet, 1823).

Latente Trauer prägt die Themen, so, als ob sie wüssten, dass das in ihnen beschworene Glück Illusion sei. In Fortissimo-Stellen bricht der Traum. Eruptiv entlädt sich der Schrei der Verzweiflung , der in Schuberts Briefen sein Pendant hat: „Denke dir einen Menschen, sage ich, dessen glänzendste Hoffnungen zu Nichte geworden sind, dem das Glück der Liebe u. Freundschaft nichts biethen als höchstens Schmerz“.

Die Stärke der emotionalen Gegensätze führt zu Extremen in Klang und Dynamik, die alles sprengen, was man in der Kammermusik jener Zeit findet. Dauernde Sforzati, der Einsatz von Doppelgriffen und Tremolo und die Ausweitung der Dynamik vom ppp bis zum dreifachen Forte sind Merkmale der Spätromantik, die Schubert visionär vorwegnahm. Dadurch blieben viele seiner posthum veröffentlichten Werke noch Jahrzehnte nach seinem Tod für die Zuhörer unverständlich. Auch das C-Dur-Quintett erschien erst 1853, weil der Leipziger Verleger Probst auf ein briefliches Angebot des Komponisten 1828 nicht eingegangen war. Mit einem Bekenntniswerk wie diesem konnte Schubert im damaligen Musikleben kein Gehör finden. „Meine Erzeugnisse sind durch den Verstand für Musik und durch meinen Schmerz vorhanden; jene, welche der Schmerz allein erzeugt hat, scheinen am wenigsten die Welt zu erfreuen“ (Tagebuch, 1824).


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