Dass diese Sonate das Tor zur Musik für zwei Klaviere aufstößt, hängt mit ihrer wundervollen Vermischung der Genres zusammen. Die drei Sätze wirken über weite Strecken sinfonisch: Die beiden Klaviere werden hauptsächlich dazu benutzt, eine Klangfülle zu erzeugen, wie sie an einem einzigen Instrument nie zu realisieren wäre. Perlende Läufe in der Oberstimme, nachschlagende Achtel als Mittelstimmen, ein stützender Baß und füllende Akkorde suggerieren ein Satzbild aus Violinen, Bratschen, Bässen und Bläsern. Noch deutlicher wird dies an Stellen, an denen die Klaviere in Oktaven spielen, Tremolo imitieren oder sogar – wie in der Schlußgruppe des ersten Satzes – ein veritables Orchestercrescendo nachahmen.
Zwischen diesen Höhepunkten sinfonischer Prachtentfaltung dürfen sich die beiden Pianisten bzw. Pianistinnen im virtuosen Schlagabtausch üben. Sie imitieren gleichsam die Atmosphäre eines Doppelkonzerts, indem sie einander virtuose Passagen tongetreu oder mit leichten Varianten zuspielen. Wird hier ihre Treffsicherheit auf eine harte Probe gestellt, so kommt es an anderen Stellen, besonders im Mittelsatz, zu einem intimen, kammermusikalischen Musizieren.
Der Wechsel zwischen diesen drei Ebenen verleiht der Sonate eine Klangfülle und satztechnische Bandbreite, wie sie kein zweites Klavierwerk Mozarts aufweist. Hinzukommt ein geradezu mitreißendes thematisches Material. Es ist ganz vom schöpferischen Überschwang des Jahres 1781 getragen, in dem sich Mozart in Wien niederließ.
Im Januar dieses Jahres hatte er seine Münchner Oper Idomeneo vollendet, im September mit der Entführung aus dem Serail begonnen, im Oktober seine Es-Dur-Bläserserenade, KV 375, geschrieben. Zu allen drei Werken finden sich in der Sonate deutliche Anklänge. Der erste Satz zitiert das Dreiklangsthema der Idomeneo-Arie Fuor del mar, um gleich anschließend die scharf-punktierten Rhythmen aus dessen Ouvertüre aufzugreifen. Das burschikose Rondothema des Finales erinnert sowohl an KV 375 als auch an die Janitscharenmusik aus der Entführung. Die häufigen Dur-Moll-Wechsel sind für alle vier Werke typisch.
Der Aufbau des ersten Satzes entspricht dem eines Sinfonie-Allegros: Tutti-Thema zu Beginn, Ausdünnung der Stimmen im kantablen Seitenthema, das in Oktaven wiederholt wird, großes Crescendo, “rauschender Schluß”, Molldurchführung, Reprise und Coda. Das Andante steht ebenfalls in Sonatenform, aber ohne eigentliche Durchführung, vielmehr mit einem neuen Thema als Mittelteil. Das erste Thema ist eines von Mozarts schönsten Andanti cantabili im Dreivierteltakt. Die wiegende Akkordbegleitung des zweiten Klaviers scheint wiederum Streicher zu suggerieren.
Das Finale lebt vom Kontrast zwischen dem draufgängerischen Rondothema und dem ernsten Couplet mit seinen zarten Moll-Schattierungen. Ab dem zweiten Couplet in G-Dur bricht sich die schiere Virtuosität Bahn. – Mozart gilt zwar cum grano salis als der Erfinder der vierhändigen Klaviersonate, Musik für zwei Klaviere hat es jedoch schon lange vor ihm gegeben. Spätestens 1730 hatte Bach sein Konzert für zwei Cembali solo geschrieben, das seine Söhne und Schüler in zahlreichen Stücken nachahmten. “Das Klavierduo steht von Anfang an im Geruch eine Varieténummer zu sein – sonderbarerweise, denn für zwei Pianisten ist das Zusammenspiel bestimmt nicht weniger schwierig oder unterhaltsamer als für vier Streicher. Mozart interessierte sich wegen der mangelnden Differenzierungsmöglichkeiten in der Tongebung nur begrenzt dafür, aber in KV 448 hatte er bereits genug Erfahrung im orchestralen und im vokalen Satz, um seinen Gesprächscharakter nutzen zu können.” Für den Engländer Patrick Gale, der diese Charakteristik von Mozarts Sonate für zwei Klaviere entwarf, hat es den Anschein “als wäre in seinen Augen die Duoform etwas Geselliges, Amüsantes, ja Antiakademisches. KV 448 kann man nicht ohne Schmunzeln anhören, geschweige denn spielen.” Georgi Tschitscherin, der erste Außenminister der Sowjetunion, dagegen meinte, schon in dieser 1781 komponierten Sonate entwickle sich Mozarts Humor nur “auf dem Boden des Schmerzes”, gehe “die ausgelassene Freude unvermittelt über in wildes Pathos, das jenen geheimen Urgrund bloßlegt”.
Quelle: kammermusikfuehrer.de