Unter der Anleitung seines Lehrers Carl Friedrich Zelter übte sich schon der zwölfjährige Felix Mendelssohn Bartholdy im Schreiben von Sinfonien. Das Vorbild lieferten vor allem ältere Gattungsbeispiele von Carl Philipp Emanuel Bach, doch rückten bald auch modernere Werke von Komponisten der Wiener Klassik in den Blick. Äußeres Kennzeichen dafür ist der Übergang von der Drei- zur Viersätzigkeit in der siebten der insgesamt zwölf Mendelssohn'schen »Jugendsinfonien«, die man auch »Streichersinfonien« nennt, obwohl von der achten eine eigenhändige Orchesterfassung mit Bläsern existiert. Einen Sonderfall stellt die zehnte Sinfonie in h-Moll dar, denn sie besteht nur aus einem zweigeteilten Satz; weitere Sätze wurden entweder nicht ausgeführt oder gingen verloren. Es ist die stilistisch selbstständigste, auch weil sie keinen Gebrauch von »gelehrter« Kontrapunktik macht, wie sie dann in der zwölften und wiederum dreisätzigen Sinfonie noch einmal auflebt.
Der flächig ausgebreitete Adagio-Beginn lässt an die Eröffnung einer Opernszene denken und das anschließende Allegro an frühe Meisterwerke wie das Oktett und die »Sommernachtstraum«-Ouvertüre, mit denen es den für Mendelssohn kennzeichnenden Klangsinn und die Lust an flirrender Bewegung teilt. Aufgeführt wurde sie wie ihre Schwesterwerke vermutlich im Rahmen jener Sonntagsmusiken in Berlin, zu denen die Familie Mendelssohn neben zahlreichen Mitwirkenden eine noch größere Schar von illustren Gästen regelmäßig willkommen hieß.
Johannes Jansen