“Abermal ‘ ein Wunder! ein Wunder!’ liebster Richard. Dein Siegfried-Idyll ist die herzinnigste, idealste, bezaubernste Verherrlichung des Familien-Kultus. In dieser tausendblättrigen Blume, welch Duft, Farbe, Entzöcken, Pracht, Reiz, holdselige Frommheit und wonnige Kunst!”
So hingerissen schrieb Franz Liszt am 15. Februar 1878 an Richard Wagner, nachdem er die kurz zuvor erschienene Partitur des Siegfried-Idylls studiert hatte. Entstanden war das einsätzige Werk nach Motiven aus dem dritten Teil der Ring-Tetralogie bereits acht Jahre fröher, 1870.
Wagner schrieb es als Geburtstagsständchen för seine zweite Frau Cosima, um ihr beziehungsreich för die Geburt des Sohnes Siegfried zu danken. Vor dem Haus der Wagners in Triebschen in der Schweiz wurde es zu Cosimas Geburtstag in solistischer Besetzung uraufgeföhrt. Der heute geläufigen Orchesterversion ging diese Urfassung för Kammerensemble voraus, die im heutigen Konzert erklingt. Wagners “Verherrlichung des Familien-Kultus”, wie Liszt das Werk nannte, ist zugleich eine Verherrlichung der Jugend und ihrer Ideale.
Kurz nach der Vollendung des Musikdramas Siegfried geschrieben, verarbeitet das Idyll in ähnlicher Manier wie das Meistersinger-Vorspiel vier Motive aus der Oper: die sogenannte “Friedensmelodie” (Ewig war ich, ewig bin ich), das Weltenhort-Motiv (O Siegfried, herrlicher Hort der Welt), das Thema des Liebesentschlusses (Du bist mir ewig) und eine Begleitfigur aus Siegfrieds Liebeslied, die aber nur kurz auftritt. Zu diesem Themenmaterial tritt als Volkslied-Zitat das Schlaf, Kindchen, Schlaf (in einer anderen Melodie als der heute gebräuchlichen) hinzu.