Im Jahre 1800 wurde Ludwig van Beethoven von Baron Braun, dem Vizedirektor des k. k. Hoftheaters, mit der Komposition einer Musik zu Salvatore Viganos Ballett ≫Die Geschöpfe des Prometheus≪, Beethovens späteres Opus 43, beauftragt. Der aus Neapel stammende Choreograph Vigano (1769–1821) war zu dieser Zeit äußerst erfolgreicher Ballettmeister am Hoftheater. Von seiner Idee einer Ballettreform fühlte Beethoven sich unmittelbar angesprochen – ebenso wie vom Sujet seines Stuckes, das sich im Untertitel des Werkes widerspiegelt: ≫Die Macht der Musik und des Tanzes≪. Prometheus, so der kurzgefasste Inhalt, hat zwei Tonstatuen geschaffen, die plötzlich lebendig werden; Vernunft, Erkenntnis und menschliche Gefühle erfahren sie aber erst, als sie durch Apoll, den Gott der Schonen Künste, mit Musik und Tanz in Berührung gebracht werden.
Für dieses Ballett schrieb Beethoven die heute gespielte Ouvertüre, weiters eine Introduktion und 16 Tanznummern. Das Ergebnis war eine ganz neue Art des musikalischen Tanztheaters, in dem Symphonie, Oper und Ballett ineinanderflossen. Beethoven hielt sich dabei möglichst eng an Handlung und Dramaturgie der Vorlage – und wurde dafür auch prompt kritisiert: Der Rezensent der ≫Zeitung für die elegante Welt≪ monierte anlässlich der Premiere, der Komponist habe das Stuck, das für ein Ballett zu gros angelegt sei, zu gelehrt und mit zu wenig Rucksicht auf den Tanz geschrieben. Dennoch konnte es 28 Folge Aufführungen erreichen, was zweifellos als Erfolg gewertet werden kann. Doch der Eindruck eines Zwiespaltes zwischen Ballett und symphonischer Buhnenmusik, der durch die scheinbare Unausgewogenheit der Länge der einzelnen Sätze verschärft wurde, blieb ihm noch lange erhalten. Der Schweizer Musikwissenschaftler und Komponist Willy Hess bemerkte dazu: ≫Beethoven schuf nicht in erster Linie tänzerische Rhythmen, sondern, um mich so auszudrucken, Seelengemälde, Ausdruck von Stimmung, kurz, absolute Musik.≪ Weiters beschreibt er die Ouvertüre (übrigens die erste Ouvertüre aus Beethovens Feder): ≫Sie ist ein rein symphonisches Tonstück, festlich und nobel in ihrer Haltung, geeignet, uns aus dem Alltag in die Welt des Schonen zu entrücken, aber – mit einem Ballett hat diese Musik kaum etwas zu tun.≪
Ein vielleicht ins Reich der Legende zu verweisendes Gespräch zwischen Haydn und Beethoven charakterisiert die Meinung über das Ballett sehr treffend: Haydn soll den Komponisten anlässlich der Uraufführung beglückwünscht haben und erhielt zur Antwort: ≫Sie sind sehr gütig, aber es ist doch noch lange keine Schöpfung!≪ ≫Das ist wahr≪, erwiderte der durchaus nicht unkritische Haydn, ≫es ist noch keine ›Schöpfung‹; [ich] glaube auch schwerlich, das es dieselbe je erreichen wird.≪ (Astrid Schramek)