Don Carlos

Grand Opéra in fünf Akten
Giuseppe Verdi
1867
Dauer: 150'

Liebe auf den ersten Blick: Der spanische Infant Carlos ist nach Frankreich gereist, um dort seine für ihn bestimmte Braut Élisabeth von Valois zu treffen. Beide entflammen sofort für einander, doch sie müssen erfahren, dass nun nicht Carlos, sondern sein Vater Philippe II. die Prinzessin heiraten wird. Um des Friedens zwischen Spanien und Frankreich willen stimmt Élisabeth der Heirat zu. Gebrochenen Herzens vertraut sich Carlos seinem soeben aus Flandern zurückgekehrten Freund Rodrigue, dem Marquis de Posa, an, der ihn bittet, diesem unterdrückten und ausgebluteten Land zu helfen, dabei würde er seine Liebe zu Élisabeth vergessen. Die beiden Männer schwören einander ewige Freundschaft. Durch Posas Hilfe kommt es zu einem neuerlichen Zusammentreffen zwischen ihm und Élisabeth. Die alte Leidenschaft flammt erneut auf, doch Élisabeth verweist auf ihre ehelichen Pflichten. Enttäuscht und verletzt stürmt Carlos davon. Beeindruckt und fasziniert von Posas jugendlichem Ungestüm und dessen Aufrichtigkeit fasst Philippe Vertrauen zu Posa, obwohl dieser für die Freiheit und Unabhängigkeit Flanderns eintritt. Philippe verspürt zu ihm eine menschliche Nähe, die ihm zu seinem Sohn und seiner Gattin stets verwehrt geblieben ist. Er bittet ihn, Carlos und Élisabeth zu observieren. Carlos enthüllt versehentlich der in ihn insgeheim verliebten Prinzessin Eboli seine Liebe zur Königin, worauf diese auf Vergeltung sinnt. Als Carlos versucht, seinen Vater dazu zu bewegen, ihm die Statthalterschaft Flanderns zu übergeben, weist dieser ihn empört zurück. Der Streit droht zu eskalieren. Posa eilt Philippe zu Hilfe und entwaffnet den fassungslosen Carlos. In der Zwischenzeit hat Eboli aus Rache dem König eine geheime Schatulle Élisabeths zugespielt, in der er ein Bild seines Sohnes findet. Tief verletzt beschuldigt er seine Frau des Ehebruchs und lässt Carlos einsperren. Als ihn Posa im Gefängnis besucht, wird dieser durch einen Schuss aus dem Hinterhalt ermordet. Mit der Aussage, nicht Carlos, sondern Posa sei an dem Aufruhr in Flandern beteiligt gewesen, wird der Infant aus der Haft entlassen. Carlos ist nun dazu entschlossen, Élisabeth zu entsagen und in Flandern gegen seinen Vater für die Ideale Posas zu kämpfen.

Giuseppe Verdi führte sein Weg oft nach Paris. Für die KomponistInnen des 19. Jahrhunderts war diese Stadt das Musikzentrum ihrer Zeit. Hier verliebte er sich in die Sängerin Giuseppina Strepponi, hier verbrachte er die glücklichsten Tage seines Lebens. Von 1847 bis zu seiner letzten Reise nach Paris im Jahre 1898 besuchte Verdi alleine oder zusammen mit seiner Lebensgefährtin und späteren zweiten Ehefrau die französische Hauptstadt in regelmäßigen Abständen. Allein der wirklich große künstlerische Durchbruch blieb dem Meister der italienischen Oper an der Pariser Opéra jedoch zeit seines Lebens verwehrt, wenn auch Jérusalem (1847) und Les vêpres siciliennes (1855) dort ihre Uraufführungen erfuhren und die meisten seiner populären Opern den Weg in die anderen Pariser Opernhäuser fanden. Selbst Don Carlos, uraufgeführt am 11. März 1867 in der Opéra, war kein wirklich durchschlagender Erfolg beschieden. Friedrich Schiller gehörte zu Verdis bevorzugten Autoren. In den 1840er Jahren hatte er bereits drei Opern auf dessen Dramen komponiert: Giovanna d’Arco, I masnadieri und Luisa Miller, und er liebäugelte schon damals mit dem Don Carlos-Stoff, studierte er doch Piaves Libretto zu Buzzollas Oper Elisabeth di Valois.
Eine Besichtigung des Escorial im Jahre 1862 weckte seine Begeisterung für Schillers Drama erneut, besonders interessierte ihn an diesem Stück aber die komplizierte Beziehung eines Vaters zu seinem Sohn, eines der zentralen Themen vieler seiner Opern, denn Verdi hatte zu seinem eigenen Vater, der ausgerechnet während der Pariser Proben zu Don Carlos starb, immer ein sehr angespanntes Verhältnis gehabt. Und genau dieses Familiendrama um Liebe, Liebessehnsucht, Eifersucht und Staatsräson soll in unserer neuen, konzentrierten Fassung von Verdis Meisterwerk, von dem es wahrlich viele, teils von Verdi autorisierte Fassungen gibt, im Mittelpunkt stehen. Der Fokus wird ganz bewusst auf die menschlichen Schicksale, privaten Tragödien, die Beziehungen innerhalb dieser königlichen und deshalb extremen Zwängen ausgesetzten Familie gerichtet sein. Es erwartet Sie ein spannendes Kammerspiel und ein neuer Blick auf Verdis Don Carlos.

Text: © Theater an der Wien

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